Flexible Arbeitszeiten Yoga

Über den neuen Trend „Chronoworking“ hatte ich ja bereits einmal einen Artikel geschrieben. Im Kern geht es dabei um die Berücksichtigung der chronobiologischen Rahmenparameter von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, und hier vor allem natürlich des Chronotyps. Menschen, die im Homeoffice arbeiten, haben dabei sicher eher Möglichkeiten, ihren genetischen Schlaf-/Wachrhythmus zu leben und Arbeit, Haushalt und frei verfügbare Zeit darauf auszurichten. Theoretisch, sofern nicht der biologische Rhythmus der anderen Familienmitglieder dem entgegensteht. Aber auch hier gibt es ja inzwischen CoFam, also chronotypoptimiertes Familienmanagement, um aus der jeweiligen Situation das bestmögliche Paket zu schnüren.

Schlafdauer & Schlafqualität

  • In den letzten 40 Jahren hat sich die durchschnittliche Schlafdauer der Menschen um 1,5-2h1 reduziert, je nach Erhebung. Die mentale Belastung durch z.B. Digitalisierung, Mehrbelastung aufgrund von Fachkräftemangel, Pandemie, Existenzängste etc. hat sich währenddessen um ein Vielfaches erhöht. Eine evolutionäre „High-Speed“ Anpassung unseres Körpers ist jedoch nicht möglich und Gewöhnung bedeutet keineswegs, dass keine Schädigung mehr stattfindet.
  • Die Schäden für die Volkswirtschaft durch Schlafdefizit liegen, laut einer Studie der Rand Europe Corporation aus 2016, inzwischen (damals hochgerechnet auf 2025) bei 62 Mrd.€. Das bedeutet bei 44 Millionen Arbeitnehmern aktuell rund 1.400 €/Person. Diese Gesamtsumme liegt somit inzwischen weit über der des Bundeshaushalts für Verteidigung von knapp 52 Mrd. €2, dem zweithöchsten Etat des Bundes. Umgerechnet auf Arbeitszeiten verpuffen somit rund 2,1 Millionen Arbeitsstunden jährlich in Deutschland.

Darüber hinaus geht es aber auch um eine Verbesserung der Schlafqualität, denn wer in seinem biologischen Rhythmus schläft, muss nicht über künstlich erzeugten Schlafdruck bzw. durch überhöhten Schlafdruck einschlafen. Die restlichen schlafbezogenen Körperfunktionen sollten also ebenfalls „on time“ ihre Arbeit durchführen und nicht zu Zeiten, die nicht ihrer genetischen Programmierung entsprechen.

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Wer ist verantwortlich für das Schlafdefizit?

Die gängige Meinung ist, dass jeder selbst für sein Schlafdefizit verantwortlich ist. Sieht man sich aber tatsächlich einmal die Parameter an, die der Einzelne gar nicht selbst bestimmen kann, dann ergibt sich ein anderes Bild.

Arbeitgeber sind, über vorgegebene Arbeitszeiten, Nr. 1 – Verantwortliche für exakt dieses Schlafdefizit. Das ist (bisher) nicht böse gemeint, denn den wenigsten wäre es bisher in den Sinn gekommen, dass diese Hauptverantwortlichkeit beim Arbeitgeber liegt bzw. sich dadurch Schäden für das eigene Unternehmen ergeben. Durch die Konditionierung auf die klassischen Arbeitszeiten seit der Industrialisierung hat man bisher keinen Anlass gesehen, die Arbeitszeiten zu hinterfragen. Hinzu kommt, dass flexible Arbeitszeiten als Angebot diese Situation ohnehin schon abzudecken schienen.

Somit wurde Schlaf bis heute in der privaten Verantwortung der Mitarbeiter*innen verortet, was maximal über Informationsveranstaltungen im Rahmen des BGM unterstützt wird. Hinzu kommt, dass es bisher keine wissenschaftlichen Grundlagen gab, auf deren Basis man effizient individuelle Bedürfnisse über Arbeitszeiten, die über den einfachen privaten Wunsch hinausgingen, optimieren konnte.

DLMO bietet erstmals wissenschaftliche Basis.

Der Chronotyp, bzw. genauer der DLMO (DimLight Melatonin Onset) hingegen ist der erste wissenschaftlich und biologisch mess- und damit belegbare Nachweis über die Lage des biologischen Schlaf-/Wachrhythmus. Es steht also nun nicht mehr der private Wunsch eines einzelnen Mitarbeiters im Fokus einer Veränderung, sondern valide wissenschaftliche Daten zum Chronotyp eines jeden einzelnen Mitarbeiters, die nun erstmals gesunde und effiziente Arbeitszeiten im Sinne einer individuellen Prävention ermöglichen.

Seitdem kann sich somit absolut kein Arbeitgeber mehr herausreden, dass Schlaf ja Privatsache sei, weil das Unternehmen keine valide Ausgangsbasis für Anpassungen von Arbeitszeiten hat.

Hinzu kommt, dass wir mit unseren Pilotprojekten auch aufzeigen konnten, wie COPEP umgesetzt werden kann und vor allem welche positiven Auswirkungen es auf die Mitarbeiter hat. Dabei zählen die Projektstandorte, z.B. eine Klinik mit 3-Schicht-Betrieb, sicher zu den komplexesten Situationen im Rahmen einer Personaleinsatz- und Schichtplanung. Wenn etwas dort funktioniert, ist das für andere Bereiche sogar einfacher umzusetzen.

Flexible Arbeitszeiten vs. COPEP

Häufig bekomme ich entgegnet, dass im Unternehmen ja schon flexible Arbeitszeiten bestehen. In Deutschland bieten rund 38,8 %3der Arbeitnehmer flexible Arbeitszeiten. Dieser Anteil variiert jedoch stark je nach Beruf und Branche. Führungskräfte beispielsweise haben mit 70,3 % den größten Einfluss auf ihre Arbeitszeit, während dies bei Arbeitern im produzierenden Gewerbe nur etwa 19,4 % betrifft. In Berufen wie Wissenschaft, Bürokratie und im kaufmännischen Bereich liegt die Flexibilität bei über 50 %, während Berufe im Dienstleistungsbereich, Handwerk oder bei Maschinenbedienern deutlich weniger Flexibilität bieten, teilweise nur bei etwa 13 %. Völlig außen vor ist dabei natürlich die Schichtarbeit, was sich in den mageren 19,4 % des produzierenden Gewerbes widerspiegelt. In Branchen wie der Polizei und dem Gesundheitswesen finden sich ebenso kaum flexible Arbeitszeiten.

Somit bleibt auf dem Markt definitiv noch genug Raum, um Unternehmen ohne flexible Arbeitszeiten Optimierungspotenzial zu bieten. Dennoch unterscheiden sich flexible Arbeitszeiten und COPEP schon im Wesen, denn das Ziel von COPEP ist ein ausschließlich gesundheitsbezogenes. Bei der Nutzung von flexiblen Arbeitszeiten kommt es nicht selten sogar zu kontraproduktiven Situationen, wenn z.B. Früh- oder Normaltypen rein aus persönlichen Gründen später kommen, weswegen Spättypen früher kommen müssen. Ein sinnvoller Abgleich findet nicht statt.

Auch in der Praxis zeigen sich die Unterschiede der Effekte deutlich. Eine Studie4der Pennsylvania State University (Penn State) zeigte auf, dass Mitarbeiter nach Nutzung flexibler Arbeitszeiten im Durchschnitt 8 Minuten mehr Schlaf pro Nacht erhielten. Das bedeutet pro Woche ca. 1h, pro Jahr knapp 46h bzw. 5,75 Tage, je nach Urlaubs- und Feriensituation. Unsere wissenschaftlich begleiteten COPEP-Projekte hingegen haben eine durchschnittlich längere Schlafdauer von 30 Minuten pro Nacht ermöglicht. Dies bedeutet ganze 2,5h pro Woche und 115h pro Jahr, was über 14,5 Tage bedeutet. 22 Minuten mehr Schlaf pro Nacht also gegenüber flexiblen Arbeitszeiten. Das ist eine gewaltige Größe.

Flexible Arbeitszeiten oder Copep - Mehr Schlaf

Die Akzeptanz von flexibler Arbeitszeit leidet auch unter einem Phänomen, das sich, wie es sich in unseren Projekten immer wieder gezeigt hat, hartnäckig hält. Mitarbeiter*innen meiden sie, weil sie nicht zu den „Penner*innen“ gehören wollen, denn „der frühe Vogel“ fängt immer noch in den Köpfen vieler Menschen den Wurm. Ein verstecktes Phänomen, welches oft das Potenzial gar nicht ausnutzen lässt. Sobald wir jedoch seitens der Geschäftsführung die Erläuterung der Chronotypen offiziell über die Kommunikation des BGM und HRM mit eingebunden hatten, hat sich die Nutzung erheblich ausgeweitet. Also auch ohne COPEP lässt sich schon einiges alleine über das Bewusstsein über die Chronobiologie erreichen, wie unser Projekt „Aufstehen ohne Wecker“ eindrucksvoll gezeigt hat. 

Fazit

Flexible Arbeitszeiten sind definitiv besser als starre, daran besteht kein Zweifel. Der COPEP-Ansatz ist jedoch ein wesentlich mächtigeres Instrument, um Arbeit gesünder und Arbeitsleistung effizienter und damit wesentlich kosteneffizienter zu gestalten, da konkrete Daten als Grundlage für die Ausarbeitung von Einsatz- und Schichtplanung dienen, und nicht alleine das „Wollen“ der Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass COPEP in Bereichen eingesetzt werden kann, die flexible Arbeitszeiten gar nicht abdecken können, wie z.B. eben Schichtarbeit.

Der Chronotyp bzw. der DLMO bietet also Arbeitgebern erstmals ein mächtiges Instrument, um gezielt Maßnahmen planen und umsetzen zu können, die dann auch bereits wissenschaftlich nachgewiesene, starke und vor allem messbare Effekte erzielen können. Sieht man sich den Schaden pro Mitarbeiter an, den Schlafdefizit verursacht, rentiert sich die Einführung von COPEP im Schnitt bereits nach wenigen Monaten, denn die positiven Effekte stellten sich in unseren Projekten bereits nach 4 Monaten Beobachtungszeitraum ein.

COPEP bietet also die perfekte Grundlage für die Einführung von Chronoworking. Im Gegensatz zu allen anderen bisherigen Trends, wie New Work, Agility und flexible Arbeitszeiten, bietet COPEP vor allem der Schichtarbeit völlig neue Möglichkeiten, z.B. von liquiden ChronoSchichtplänen.

Um solche Projekte auch mit Know-how im eigenen Personal umsetzen zu können, haben wir die Ausbildung zum ChronoCoach Business entwickelt. Die ersten ChronoCoaches haben in Kürze ihre Ausbildung absolviert.

Wer zu COPEP oder auch der Ausbildung mehr wissen möchte, kann mich gerne kontaktieren, oder erst einmal unter www.chrono-coach.de nachsehen.

Quellen

1 https://www.wieden.com/chronobiologie-news/7-stunden-schlafdauer-reichen-gefaehrliches-fazit-einer-neuen-studie/

2 ohne 20 Mrd. € Sondervermögen für die Beschaffung von militärischer Ausrüstung

3 https://www.destatis.de/DE/Themen/Arbeit/Arbeitsmarkt/Qualitaet-Arbeit/Dimension-3/flexible-arbeitszeiten.html

4 https://www.psu.edu/news/research/story/flexible-work-schedules-improve-health-sleep