Ausgangssituation Projekt "Aufstehen ohne Wecker":12 Teilnehmer*innen16 Wochen zur Arbeit kommen, wenn man ausgeschlafen ist3 Wochen…
Ist die Snoozetaste am Wecker jetzt schädlich oder nicht?
oder … wenn der Wecker dreimal weckt!
Eigentlich ist das die Regel. Zu den meisten Studien gibt es gefühlt ebensoviele Gegenstudien. So nun auch aktuell bei der Snooze- bzw. Schlummer- oder Snooze-Taste und deren Wirkung.
Gab es letztes Jahr eine Studie [1]https://academic.oup.com/sleep/article/45/10/zsac184/6661272?, die einen Beleg dafür lieferte, dass die Snooze-Taste negative Auswirkungen auf den Menschen hat (Mehr Schlafstörungen, höherer Ruhepuls, weniger Konzentration etc.), besagt nun eine aktuelle Studie [2]https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jsr.14054 „alles Mumpitz“, Snoozen kann sogar hilfreich sein. Das Snoozen koste die Teilnehmer in der Summe nur sechs Minuten des Gesamtschlafs. Darüber hinaus wachten die meisten Probanden aus der Leichtschlafphase auf, und angeblich sollten die Snoozer auch geistig fitter sein.
Was nun?
Wird sich nun jeder das raussuchen, was für ihn das Gewissen beruhigt? Zielführend ist dieses Studienwirrwarr nicht, es führt eher dazu, dass man immer weniger auf Studien hört, und diese genauso betrachtet wie Statistiken (Ich glaube nur der, die ich selbst gefälscht habe). Wichtig ist, sich das Studiendesign anzusehen, um eine gewissen Relevanz ausmachen zu können. Die Medien selbst vergleichen hier überwiegend nichts, sie behandeln in der Ausformulierung eine Ministudie genauso wie eine Langzeit- oder Metastudie.
Was mir in der aktuellen „Pro Snoozer-Taste“ Studie auffällt ist
- dass die Probanden lediglich 2 Tage (zzgl. einer Gewöhnungsnacht) beobachtetet wurden
- die Testgruppe aus laborinternen Probanden (also keine repräsentative Gruppe) sowie aus notorischen Gewohnheits-Snoozern bestand (Sprich: Der Körper hat eine längere Konditionierungsphase in Sachen „Snoozen“ hinter sich)
- eine Vergleichsgruppe von Nicht-Snoozern fehlt
Die 31 Teilnehmer behielten an beiden Tagen ihre gewohnte Schlafzeit bei, schliefen aber einmal die ganze Nacht durch und wurden zu ihrer aus dem Alltag gewohnten letzten Weckzeit mit Wecker geweckt, oder wurden in der anderen Nacht 30 Minuten vor ihrer gewohnten Weckzeit durch ihren Wecker geweckt, wobei sie drei Mal alle 9–10 Minuten auf die Schlummerfunktion Ihres Weckers drücken mussten. Die Gesamt-Schlafzeit blieb gegenüber ihrer Alltagssituation gleich.
Gleiches gilt für eine den Körper schädigende Langzeitwirkung der Schlummertaste. Denn der Weckvorgang selbst bringt den Körper in einen Alarmzustand, der einem Angriff gleicht. In weniger als einer Schreck-Sekunde rauscht Adrenalin durch den Körper und macht ihn reaktionsfähiger. Herz, Lunge, Muskeln und andere Organe sind dann in Alarm-Bereitschaft. Aber … eine Alarmsituation (ohne Not) ist an sich schon nicht gesund, wenn es jeden Tag aufs Neue stattfindet, aber noch ungesünder, wenn es mehrmals am Tag hintereinander stattfindet.
Der extrem kurze Beobachtungszeitraum von nur einem Tag pro Intervention ist in meinen Augen somit nicht aussagekräftig genug, um ein entsprechend valides Fazit auf verschiedensten Ebenen ziehen zu können.
Mein persönliches Fazit
Aus meiner Sicht ist die Studienlage, die gegen das Snoozen spricht, wesentlich fundierter. Die Studie aus dem letzten Jahr hatte zum eine mit knapp 450 Teilnehmerinnen mehr als zehnfache Gruppengröße, zum anderen mit einer Studiendauer von einem Jahr einen wesentlich längeren Beobachtungszeitraum und nicht zuletzt durch das Vorhandensein einer Vergleichsgruppe von Nicht – Snoozern eine echte Vergleichbarkeit.
Ich stelle aktuell fest, dass immer mehr Studien veröffentlich werden, die eine mehr oder weniger aussagekräftiges Studiensetting haben. Was genau die Hintergründe dieser Entwicklung sind, vermag ich nicht zu sagen. Aber die Medien kümmert das wenig. Sie jagen die Texte vermehrt durch die KI ohne auch nur einmal zu hinterfragen.
Somit ist für mich das Fazit klar: Die Schlummertaste bleibt in meinen Augen ganz klar ein NoGo.
Mein Tipp
Um zu verhindern, dass Ihr aus der Tiefschlafphase geweckt werdet, nutzt einen Licht-Wecker. Er verhindert den „Alarmmodus“, und lässt euch sanft aufwachen. Auch das langsame Ansteigen eines sanften Wecktones oder einer Weckmusik kann einen ähnlichen Effekt hervorrufen. Beides hat zudem den positiven Nebeneffekt, dass das Gehirn sich weniger gegen das Aufwachen wehrt. Probiert es aus, und schickt mir euer Feedback.
Referenzen[+]
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